Erstattung der Mehrkosten, wenn kein Platz in der KiTa?

Seit 2008 wissen die Kommunen, dass Kindern zum 1. August 2013 ab Vollendung des ersten Lebensjahres ein Rechtsanspruch auf die Betreuung in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege zusteht. Wie Kommunen damit umgehen, zeigen die vielen Gerichtsverfahren im gesamten Bundesgebiet. Die Berichterstattung hierzu hat stark abgenommen und es finden nur noch Urteile mit deutlicher Signalwirkung mediale Beachtung. So auch das Urteil vom 28. November 2014, Az. 7 K 3274/14, welches am Verwaltungsgericht Stuttgart gefällt wurde.

Rechtsanspruch auf Betreuungsplatz

Wie wir seit 2008 in unzähligen Beiträgen dargestellt haben, steht jedem Kind, welches das erste Lebensjahr vollendet hat, seit August 2013 ein öffentlich geförderter Betreuungsplatz zu. Das Sozialgesetzbuch (SGB VIII) regelt, dass Kinder mit vollendetem ersten Lebensjahr bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf Betreuung in einer Kindertageseinrichtung (KiTa) oder Kindertagespflege haben. Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Der Gesetzgeber gibt dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Auftrag, für genügend Plätze zu sorgen, die dem Bedarf der Kinder entsprechen.

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Klage auf Erstattung der Mehrkosten

Ein zweijähriges Kind hatte in Stuttgart keinen Platz in einer öffentlich geförderten Betreuung bekommen. Die Eltern waren berufstätig. Sie mussten ihr Kind in einer privaten Kinderbetreuung unterbringen. Die Kosten für die städtische Kita hätten 300 Euro im Monat betragen, für die private fielen 680 Euro an. Die Eltern verlangten vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe und somit von der Stadt Stuttgart die Erstattung der Mehrkosten. Diese lehnte mit der Begründung ab, dass sie trotz aller Bemühungen weder ausreichend Kita-Plätze noch ausreichend Fachpersonal zur Verfügung habe.

Das Urteil zum Anspruch auf Mehrkostenerstattung

Das Stuttgarter Verwaltungsgericht sprach den Eltern einen Anspruch auf Kostenerstattung zu, der auch, bei genauem Studium der Hintergründe für diesen Fall (!) nachvollziehbar ist. Die Einwände des öffentlichen Trägers seien politisch verständlich, änderten aber nichts am gesetzlichen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Wenn die Kommune dem Kind keinerlei Platzangebot unterbreiten können und die Sorgeberechtigten dann selbst um einen Platz in einer privaten Einrichtung bemühen, steht ihnen ein Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten zu.

Das Gericht knüpft diesen Anspruch an 3 Voraussetzung:

  1. Die Eltern müssen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis setzen.
  2. Die Voraussetzungen für den Anspruch auf einen Betreuungsplatz müssen vorliegen.
  3. Die Angelegenheit darf keinen zeitlichen Aufschub dulden.

Im konkreten Fall waren diese Voraussetzungen erfüllt. Insbesondere hätten die Eltern die Gemeinde rechtzeitig über den bestehenden Betreuungsbedarf (schriftlich) informiert [Bedarfsanmeldung mit konkretem Termin]. Der Kostenerstattungsanspruch sei auch nicht – wie die Gemeinde behauptet hatte – dadurch erloschen, dass die Eltern sich selbst um einen Platz gekümmert hätten.

Die Feinheiten zum Urteil

In der medialen Berichterstattung gingen leider Nuancen unter, die aber für die Entscheidung extrem wichtig sind. So besteht der Rechtsanspruch auf einen Betreuungplatz in einer KiTa oder in der Kindertagespflege. Wenn sich also die Sorgeberechtigten gar nicht erst um einen Platz bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater bemühen bzw. Angebote ausschlagen, ist der Anspruch auf Mehrkostenersatz in aller Regel verwirkt.

1. Erfüllt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe den gesetzlichen Anspruch von Kindern unter drei Jahren auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in der Kindertagespflege gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII in der seit dem 1. August 2013 geltenden Fassung nicht, hat das Kind nach Maßgabe des § 36a Abs. 3 SGB VIII entsprechend einen Anspruch auf Erstattung der (Mehr-)Kosten für einen selbstbeschafften Betreuungsplatz (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 12.09.2013 – 5 C 35.12 -, juris).

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2. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann dem Sekundäranspruch auf Kostenerstattung wegen Selbstbeschaffung nicht mit Erfolg entgegenhalten, in seinem Zuständigkeitsbereich reichten die zur Verfügung stehenden Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren nicht aus, den Platzbedarf zu decken.

3. Zum Vorrang des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes (hier verneint), zur Pflicht zum wirtschaftlichen Handeln des Erstattungsberechtigten und zur Höhe des Erstattungsanspruchs wegen Selbstbeschaffung

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