6-Stunden-Arbeitstag als ein Konzept für die Zukunft

„Hiermit bewerbe ich mich um eine Position in Ihrem Unternehmen in Teilzeit“ – für viele Personaler immer noch ein sofortiges KO-Kriterium. Denn in der Regel wird eine Teilzeitbeschäftigung immer noch mit einer halben Arbeitskraft in Verbindung gebracht, die trotzdem wie eine Vollzeit-Kraft eingearbeitet werden muss und die in der Anfangsphase die gleichen Kosten verursacht.

Arbeitszeitreduzierung = Arbeitszeitintensivierung = Lebensfreundliche Arbeitszeit?

Bereits 1941 Henry Ford erkannte, dass mit einer Arbeitszeitreduzierung auch eine Arbeitsintensivierung einhergeht und dadurch sogar produktiver und konzentrierter gearbeitet wird. Blickt man auf die Beschäftigungsstrukturen der letzten Jahre zurück, zeigt sich, dass der Anteil an Teilzeitbeschäftigung jedes Jahr weiter ansteigt. Vor allem Frauen arbeiten immer häufiger in Teilzeit um Beruf und Familie besser vereinbaren zu können. In meiner Studie zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie aus Mitarbeiterperspektive nannten fast alle Befragten die Teilzeit als ein sinnvolles Instrument, um Beruf und Familie vereinbaren zu können. Viele wählten dabei ein Teilzeitmodell, bei dem sie die Arbeitszeit sukzessiv wieder aufstocken konnten, sobald die Kinder älter und selbstständiger werden.

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Neuer Gesetzesentwurf zur befristeten Teilzeit

Vor Kurzem wurde von einem neuen Gesetzesentwurf berichtet, bei dem es um ein Recht auf eine befristete Teilzeit geht. Dies soll der nächste Schritt auf dem Weg zu mehr Chancengleichheit sein. Denn immer häufiger bleiben gerade Mütter auf Ihrer Teilzeitbeschäftigung nach der Elternschaft sitzen. Mehr als jede zweite Mutter in Deutschland arbeitet auch dann noch in Teilzeit, wenn ihr jüngstes Kind schon 12 Jahre oder älter ist. In der Berichterstattung wird sich auf Wirtschaftsforscher bezogen, nach deren Berechnungen eine 28-jährige Mutter, die drei Jahre zu Hause bleibt und dann drei Jahre in Teilzeit arbeitet, schon bis zum 45. Geburtstag 180.000 € weniger verdient als eine Vollzeitverdienerin. Nun mögen viele argumentieren, dass dieses mehr an Geld kein Ersatz für die kostbare Zeit mit Kindern ist. Zu Recht! Allerdings bedeutet es auf der anderen Seite eine erhebliche Entlastung für die eigenen Kinder im Hinblick auf die drückende Verantwortung für die eigenen Eltern, deren Rente nicht mal fürs Nötigste reicht. Geld verdienen bedeutet nicht automatisch das Gegenteil von Fürsorge. Doch liegt darin wirklich die Zukunft der Arbeit? Brauchen wir wirklich mehr Vollzeitstellen oder nicht eher mehr Teilzeitbeschäftigung mit gerechten Löhnen – auch für Männer.

Beispiel Schweden

Während in Deutschland noch sehr konservativ darüber diskutiert wird, Müttern verstärkt eine Vollzeitbeschäftigung zu ermöglichen, experimentiert Schweden mit dem 6-Stunden-Arbeitstag bei gleichem Lohn. Das knapp zweijährige Experiment ist vor Kurzem ausgelaufen und die Ergebnisse lassen viel Interpretationsspielraum in beide Richtungen zu. Die Arbeitnehmer sollten dadurch ausgeglichener, konzentrierter, leistungsfähiger, motivierter und vor allem gesünder sein. Doch gelang dies nicht in allen Bereichen. Vor allem im Gesundheitssektor war die Vorgabe eines 6-Stunden-Arbeitstages nicht umzusetzen und das Personal musste aufgestockt werden, um eine angemessene Betreuung gewähren zu können. Auch mit der Lage der Arbeitszeit gab es Probleme, so dass an 4 Tagen lieber Vollzeit gearbeitet wurde um sich am 5ten Tag frei zu nehmen, was dem eigentlichen Ziel des Experiments widerspricht. Auf der anderen Seite gab es aber auch viel positive Rückmeldung von Unternehmen, die den 6-Stunden-Arbeitstag einhielten und deren Produktivität sogar stieg. So berichtet der CEO des schwedischen Unternehmens Filimundus, das seine Mitarbeiter fokussierter und produktiver waren und das Konzept des 6-Stunden-Arbeitstag durchaus funktioniert, wenn die Arbeitnehmer Ihre Gewohnheiten entsprechend umstellen. [Beitrag bei N-TV]

6-Stunden-Arbeitstag als ein Konzept für die Zukunft

Bereits im Jahr 1932 schrieb der Philosoph Bertrand Russel, dass aufgrund des technologischen Fortschritts die wöchentliche Arbeitszeit in der Industrie schon bald auf 20 Stunden gesenkt werden könnte, unter der Voraussetzung einer guten Organisation und Kommunikation. Gerade jetzt, da sich der öffentliche Diskurs in Richtung Industrie 4.0 bewegt und immer mehr Arbeiten durch die Technologie unterstützt oder gar komplett ausgeführt werden können, wäre ein solches Konzept durchaus eine Alternative. Doch dafür müssten sich die Prozesse und Strukturen der Unternehmen und die routinierten Arbeitsalltage der Mitarbeiter grundlegend ändern. Weg von den 40 bis 60 Stunden pro Woche und der ständigen Erreichbarkeit hin zu mehr Lebensfreundlichkeit. Vielleicht lässt sich auch dazu ein Gesetzesentwurf formulieren…

Was meinen Sie? Wie sieht Ihre und die Arbeitswelt Ihrer Kollegen aus?

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